Sydows fünf Friedhöfe
In Sydow befanden sich bis zum Zweiten
Weltkrieg insgesamt 5 Friedhöfe, von denen nur einer, nämlich der älteste bei
der Kirche, also der Kirchhof, vollständig eingeebnet war. Die anderen vier
waren noch vorhanden.
Dort, wo sich in Sydow die Talmulde etwas
verflacht und verbreitert, liegt inmitten des Dorfes auf dem mit Steinen
förmlich gespickten Talboden die alte Dorfkirche. Um sie herum der älteste Dorfkirchhof [1] (Kirchhof),
schon im Jahre 1921 eingeebnet und von einem Kranz alter Ahorne und Kastanien
eingerahmt und beschattet. Sie hüten als dritte Baumgeneration den Friedhof
anstelle der mächtigen Pappeln die um 1870 gerodet werden mussten. Das in der
Kirche vorhandene Erbbegräbnis musste um die Jahrhundertwende 19./20. Jh.
eingeebnet werden, denn es drohte einzustürzen.
Kirche mit Kirchhof in Sydow 2014. Foto: Jürgen Lux
Die Überreste aus dieser Gruft wurden auf dem zweitältesten Friedhof im Norden des Dorfes [2] neu beigesetzt.
Wann dieser Friedhof angelegt wurde, ist nicht mehr bekannt. Aber auch dieser
Friedhof wurde schon 1864 geschlossen[1]. Bei einem Friedhofsbesuch
des Autors mit Frau Erika Schudak geb. Scherdin im Jahre 2000 fand sich dort noch ein einziger
Grabstein mit der Inschrift: Hier ruhen in Gott Frau Amalie von Woedtke geb. v. Lettow, geb.
1.8.1898, gest. 9.2.1859 und ihre drei Enkelkinder Elisa, Karl und Margarethe
v. Woedtke.
Der übermäßige Steinreichtum der Gegend war
die fast selbstverständliche Ursache, dass der älteste Friedhof um die Kirche
mit einer breiten Steinmauer umfasst wurde, dem 1679 „in drei Tagen errichteten
steinernen Glind“, wie unter „Memorabilia“
im ältesten Sydower Kirchenbuch , das im Jahre 1667
angelegt wurde, zu lesen war.
Wenn man den Weg an der Kirche in westliche
Richtung in Richtung „Wolfsschlucht“ geht, dann gelangt man nach wenigen 100 m
zum zentralen Dorffriedhof [3]. Von den früheren Einwohnern auch Friedhof
hinter Lossin oder „Lossin“scher
Friedhof[2] genannt, nach dem Besitzer
(Lossin) des letzten Hauses davor, linker Hand, vor
der Bahnlinie.
Es gab da einen ganz alten Teil, der vor 1945 bereits nicht mehr gepflegt war
und einen neuen Teil, der bis zuletzt noch belegt wurde.
Der ganz alte Teil des Friedhofes muss 1864
angelegt worden sein, da damals nach K o
h l h o f f [Lit. 1] der Friedhof nördlich des Dorfes geschlossen wurde.
Im Jahre 2000 befanden sich hier noch drei sehr alte Grabsteine, leider mit
unleserlicher Inschrift.
Auf dem neuen Teil wurden die evangelischen Sydower
in den 1930er und 1940er Jahren bestattet.
Im Jahre 2000 befand sich am Eingang des Friedhofes (alter Teil) ein Grabkreuz
mit folgender Inschrift:
Tu spoczywaja Maria
F a l k o w s k a i Hilde
S c h n e i d e r. Zginaly tragicznie
dnia 26. II. 1945r. prosza
o modliwe pokoj ich duszom. Die beiden Mädchen oder jungen Frauen sind
tragischer Weise ums Leben gekommen. Die beiden waren im Winter 1944 als
Flüchtlingen aus Ostpreußen nach Sydow gekommen und wurden am Tag des
Einmarsches der Sowjets von diesen erschossen.
Nach 1945 wurde und wird dieser Friedhof
weiter uns bis zum heutigen Tage mit polnischen Gräbern belegt. Auf dem
jüngeren deutschen evangelischen Teil des Friedhofs soll nun eine Gedenkanlage
mit Lapidarium errichtet werden. Die Anlage wurde bereits 2013 von den heutigen
Bewohnern gesichert und gesäubert. Eine Reihe von Grabsteinen ist erhalten.
Hier wurde u.a. auch der alte Gutsbesitzer Hugo Epping
bestattet.
Im Jahre 1997 hat ein polnischer Waldarbeiter am Weg zur Wolfsschlucht bei
Arbeiten im Wald eine Reihe deutscher Grabsteine gefunden, die vermutlich vom
Friedhof auf dem Sandberg stammen und hier „entsorgt“ wurden[3].
Zwei weitere Friedhöfe befanden sich am
Weg zum Niedersee. Der Bauernfriedhof
[4] linkerhand auf freiem Felde war für die Gutsgemeinden gedacht. Der
wurde zuletzt kaum noch belegt, außer wenn es sich um Erbbegräbnisse handelte.
Im Jahre 2000 fanden der Autor und Frau Erika Schudak
geb. Ristow dort noch folgende drei Grabsteine:
I) Hier ruhen in Gott Wilhelm B e r n d
t, Eigentümer * 1.4.1842, + 27.11.1898 und Albertine B e r n d t, * 10.8.1841 + 17.5.1921. Selig
sind die Toten, die in dem Herrn sterben.
II) Hier ruht in Gott Albert S c h u l z, * 28. Jan. 1845, + 28. Juni
1917, Ruhe sanft
III) (Eisernes Kreuz). Zum Gedächtnis des in
Frankreich gefallenen Vizefeldwebels Paul
S c h e r d i n, * 6. Nov. 1883, + 29. Aug. 1917 und seiner hier in Gott
ruhenden Ehefrau Emma geb. Ziemke, * 30. Nov. 1884, +
29. Okt. 1915
Der Bauernfriedhof wurde 1898 angelegt. Und
1921 bereits geschlossen.
Nach dem 1. Weltkrieg wurden die Toten am Sandberg
beigesetzt. Der Friedhof befand sich gegenüber, also auf der rechten Seite
Richtung Niedersee, den Hügel etwas aufwärts., die Einwohner nannten ihn „Tooms“ Friedhof [5], wohl nach einem Besitzer Toom, der
für die Anlage einen Teil seines Grund und Bodens abgetreten hat. Dieser
Friedhof wurde zusammen mit den oben bereits genannten „Lossinschen“
Friedhof bis 1945 noch belegt und sogar noch ausgebaut. Anlässlich einer
Begehung 2001 waren noch die folgenden Grabsteine mit lesbaren Inschriften
vorhanden.
I) Hier ruhen in Gott Kurt S c h e r d i
n * 31. Okt. 1911, + 9. Nov. 1918 und Walter
S c h e r d i n * 23. Dezemb. 1912, + 9. Nov.
1919 Was Gott tut, das ist wohlgetan.
II) Hier ruhet in Gott Minna B l a t t k e, * 8.
Mai 1877, + 28. Okt. 1928, Treuer Jesu bleib bei mir. Gehe vor, ich folge dir.
III) Hier ruhet in Gott Karoline K r u g g e l, geb.
R e b l i n, geb. 30. Juni 1846, gest. 6. Juli 1931. Sei getreu bis in den Tod,
Offenb. 2,10
IV) Hier ruhen in Gott unsere lieben Eltern
Caroline Z i e m e r geb. B e r n d t, *
24.2.1859, + 4.3.1921 und Friedrich Z i
e m e r, Altsitzer, * 24.2.1859, + 14.3.1925. Ruhet
sanft in Eurer Gruft, bis Euch Jesus wieder ruft.
V) Hier ruhet in Gott Elisabeth W e s e
r, geb. S c h u l z, geb. 1. Jan. 1897, + 17. Aug. 1923. Die Liebe höret nimmer auf. 1. Kor. 13,8.
Ein Teil des Friedhofes ist mit polnischen
Gräbern belegt, was 2001 noch gut zu erkennen war. Hier ruhen auch die Mutter
von Casimir W i e l i c z k o und die gemeinsame mit 5 Jahren verstorbene Tochter.. Die Grabinschriften belegen, dass dort spätestens von
1918 an Belegungen stattfanden.
Auffällig ist, dass in Sydow zur selben Zeit über lange Jahre hin mindestens zwei Friedhöfe parallel
belegt wurden.
Als Bestattungsstätte
sei der Vollständigkeit halber auch die
Kirche selbst genannt, wo in der dortigen Gruft die Besitzer der Güter
Sydow a und Sydow b und Angehörige ihre Ruhestätte fanden. Vor 1945 waren drei
Grabplatten[4]
erhalten.
I) Chr. E. v. Woedtke, mit Wappen aus dem 17. Jh.
II) Friedrich v. Podewils mit Doppelwappen
III) Pastor Laur. Georg Stoer, + 1744, mit dem Relief
eines schlafenden Genius
Von den drei Grabplatten, welche im Mittelgang der Kirche bei der Sanierung
2011 freigelegt wurden, konnten zwei gerettet werden: die des Pastors
Laurentius Georg Stoek (Pastor in Sydow und Gutzmin von 1695 bis 1744) und die des Friedrich von Podewils aus dem 17. Jahrhundert. Der Name des Pastors Stoek wurde in verschiedenen Quellen übrigens mehrfach
anders wiedergegeben: Stoerle, Stocke, Stoer. Auf der Grabplatte kann man eindeutig den Genitiv
des latinisierten Namens lesen (STOEKII)). Die dritte Grabtafel, die des
Christian E. von Woedtke mit Wappen aus dem 17. Jh.
ging zu Bruch, die einzelnen Bruchstücke liegen heute im Museum Köslin, bereit zur Restaurierung, sobald die Finanzierung
geklärt ist. Christian Ewald von Woedtke wurde am
13.Februar 1685 in Sydow geboren und verstarb daselbst am 18. Oktober 1735. Er
war Begründer des 2. Zweiges Sydow des 2. Astes Sydow der Familie, Herr auf ½
Sydow, Kpt. In Hessen und Holland, heiratete am 11.
Oktober 1714 mit Eva Agnes von Woedtke aus dem Hause Woedtke. Seine beiden Söhne begründeten nach der Erbteilung
1740 das Haus Sydow A (Franz-Ludwig v. Woedtke, *
1715 + 1794) und das Haus Sydow B (Joachim Ewald v. Woedtke,
* 1721 + 1784).
Ausschnitt aus dem Meßtischblatt 1:25.000 Nr. 1866 Pollnow
© Bundesamt für
Kartographie und Geodäsie
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Nachfolgend sind die 5 Sydower Friedhöfe noch einmal
aufgeführt:
[1] Der alte
Kirchhof, um die Kirche herum, vor 1921 bereits eingeebnet.
[2] Zweitältester
Friedhof außerhalb, nördlich des Dorfes (vor 1945 nicht mehr belegt), 1864
geschlossen.
[3] Dorffriedhof,
genannt „Lossin´scher“ Friedhof westlich der Kirche
Richtung Wolfsschlucht mit ganz altem Teil ab 1864 und neuerem Teil (1930er und
1940er Jahre, bis 1945 mit deutschen Gräbern belegt, danach weiter bis 2018 mit
polnischen)
[4] Älterer
Friedhof außerhalb des Dorfes, am Weg zum Niedersee „auf freiem Felde“ links
(vor 1945 nicht mehr belegt).
[5] Friedhof auf
dem Sandberg, außerhalb des Dorfes am Weg zum Niedersee rechts, genannt „Tooms“ Friedhof, belegt bis 1945. Gräber mindestens ab
1930er Jahre
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Erstellt
von Jürgen Lux. Letzte Aktualisierung 13.02.2022
[1] Kohlhoff, Friedrich (Sydow): Sydow, Kreis Schlawe, Beschreibung und Geschichte. In: Pollnower Zeitung, Jahrgang 13, Nr. 50-60, Juni –Juli 1921
[2] Nach mündlichem Bericht von Frau Margot Gründert geb. Kibschull, geb. 1926 in Sydow vom 15.9.2018
[3] Persönliche Mitteilung von Kasimir Wieliczko (†) aus dem Jahre 2000.
[4] Siehe Böttger, Ludwig: Bau- und Kunstdenkmäler des Reg. Bezirks Köslin, Bd. 1: Die Kreise Köslin, Kolberg-Körlin, Belgard und Schlawe, Stettin 1892.