Vellin bei Pollnow

Kreis Schlawe in Pommern




Geschichte des Dorfes und der Gutsherrschaft von Vellin

Vellin war ein altes Natzmersche Lehen (seit 1628). Um 1780 hatte das Dorf ein Vorwerk, eine Korn- und Schneidemühle, 1 Prediger, 1 Küster, 7 Bauern und eine Schmiede. Das Herrenhaus wurde in der Barockzeit erbaut und liegt, von Pollnow kommend, am Eingang zum Dorf, links. 1857 ging das Rittergut an einen Herrn Tressler, Ende des 19. Jahrhunderts übernahm die Familie von Clave-Bouhaben den Besitz, 1935 Hugo Lippoldes. Größe laut Niekammers Güteradreßbuch von 1939: 1274 ha, davon 328 ha Acker, 54 ha Wiesen, 18 ha Weiden, 852 ha Wald und 27 ha Wasser). Tierhaltung: 20 Pferde, 120 Rinder (davon 60 Kühe) und 200 Schweine. Politisch gehörte das Dorf Vellin 1945 zum Kreis Schlawe, kirchlich zum Kreis Rummelsburg. In Vellin gab es zu deutscher Zeit zuletzt außer dem Gutshaus mit Wirtschaftsgebäuden und 14 "Leutehäusern" 12 Bauernhöfe, eine Poststelle und ein kleiner Haushaltswarenladen. Angebaut wurden Kartoffeln, Wruken, Roggen, Hafer, Sommergerste Seredella, Lupinen und Klee. Elektrizität war noch nicht vorhanden. Der zuständige Bahnhof für Vellin war Misdow, 1,5 km NNÖ, bereits auf Rummelsburger Kreisgebiet. 1939 hatte Vellin 201 Einwohner. Das alte Vellin ist in historischen Ansichten zum Teil erhalten.

Natur

Auf welliger Hochfläche liegt das Dorf, neben dem tief eingesenkten Dorfsee, umgeben von pilz- und beerenreichen Wäldern. Im Seeker Moor brüteten Kraniche. Schwarzstorch, wilder Schwan und Fischotter kamen im Grabowtal vor. Rot-, Schwarz-, Reh- und Auerwild waren Standwild. Gemarkungsgrenze im Westen war die Grabow. Stark kuppiges Gelände. Unterhalb des Dorfes liegen der Dorfsee (13,83 ha) und der Glintsee (1,07 ha).

Die Velliner Fachwerkkirche

Heute eine der meist besuchten und besichtigten Kirchen des Heimatkreises Schlawe. Sie liegt mitten im Dorf auf einer kleinen Anhöhe als Fachwerkbau mit Glockenturm (Dachturm) über dem Westgiebel. Erbaut wurde sie Ende des 17. Jahrhunderts (außen erkennt man die Jahreszahl 1698). Ihre Vorgängerin soll aus dem 16. Jahrhundert stammen. Erhalten geblieben sind aus der Bauzeit als eine Stiftung des Adels der reich geschnitzte Altar, die Kanzel und die Ostempore hinter dem Altar. Sie weisen Ähnlichkeiten mit Barockarbeiten aus Danzig auf. Wir können heute auch noch die holzgeschnitzte Tafel sehen, welche an die 22 Gefallenen des 1.Weltkriegs aus Vellin erinnert. Der letzte Pastor Rewald verstarb etwa 1932, seitdem wurde der Ort seelsorgerisch von Pollnow, Pritzig und Krangen aus betreut. Der Friedhof, der westlich der Nordspitze des Dorfsees lag, existiert heute nicht mehr.

Das Schicksal des Dorfes und seiner Bewohner bei Kriegsende

Anfang März 1945 besetzten die Russen das Dorf, erst Tage nachdem die nahe gelegene Stadt Pollnow eingenommen war. Im Gutshaus waren viele Flüchlinge einquartiert. Der letzte Besitzer wurde mit vielen anderen nach Rußland verschleppt und starb in einem Internierungslager in Baschkirien. Nur 2 Frauen kehrten aus der Verschleppung zurück. Sein Sohn Lüdecke, Autor des Beitrages über Vellin im Kreisheimatbuch, lebt heute in Westdeutschland, er besucht noch regelmäßig im Alter von 84 Jahren seine Heimat. Alle Deutschen wurden vertrieben und ausgesiedelt, die Bauern 1946, die Gutsleute 1947. Ein in Vellin gebürtiger Deutscher lebte mit seiner Familie noch bis 2017 in Pritzig.

Aktuelles

Während die Fachwerkkirche bereits restauriert wurde und sich in einem ordentlichen Zustand befindet, darf das Gutshaus als Ruine bezeichnet werden. Nach der Wende 1989 ging das Staatsgut Vellin, wie viele Güter der Umgebung, in Konkurs. Die Bewohner des Gutshauses wurden allesamt ausquartiert. Ein Pole hat das Haus in diesem Frühjahr (2000) mit 90 ha Land vom polnischen Staat erworben. Einem Deutschen aus Baden-Württemberg, pommerscher Abstammung wurde es angeboten, dieser hat jedoch nicht zugegriffen. Geplant war, hier ein Reithotel für zahlungskräftige ausländische Feriengäste zu errichten Jetzt denkt auch der Pole wieder an Verkauf, nachdem er sich eine Expertise über den Zustand des Gebäudes und einen Kostenvoranschlag für die Renovierungskosten hat erstellen lassen (Stand: 2000). Im Übrigen scheint hier in Vellin die Zeit stehen geblieben zu sein. Die Dorfstraße aus Kopfsteinpflaster könnte gut noch aus der Zeit um 1800 stammen. Von der Kirche aus hat man einen schönen Blick auf den Dorfsee, in dem man auch baden kann. Im Sommer zelten an seinen Ufern Feriengäste.

 


Literatur:

1. Lippoldes, Lüdecke und Möllerke, Gerhard: Vellin, in: Der Kreis Schlawe. Ein Pommersches Heimatbuch, 2. Band, herausgegeben von M. Vollack, Husum Verlag, 1989, S. 1252-1257

2. Aufzeichnungen des Autors

3. Mittteilungen von Frau Gitta Schiffer geb. Engelbrecht (Enkelin von Artur Schulz) vom 18.2.2019. Die Ansichtskarte von Vellin stellte sie zur Verfügung.

4. Jürgen Lux: Vellin-Merkblatt für den Besuch der Arbeitsgemeinschaft für pommersche Kirchengeschichte e.V. , Exkursion am 18. August 2000.






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Erstellt von Jürgen Lux. Letzte Aktualisierung: 24.02.2019