Gut Zetthun bei Pollnow

Kreis Bublitz in Pommern (bis 1932)
Kreis Köslin-Bublitz (1932-1945)
Gemeinde Pollnow (Polanów), Kreis Köslin (Koszalin)  (heute)



 

 

1784 wird durch Brüggemann in Zetthun ein Rittersitz beschrieben, zu den adeligen Gütern des Fürstenthums Cammin gehörig, ¾ Meile von Pollnow südwestwärts, an einem kleinen fischreichen See gelegen. Das Dorf hat 1 Vorwerk, 5 Bauern, 1 Halbbauer, 2 Cossäthen, 16 Feuerstellen, ziemliche Holzugen, gute Fischerey und war ehemals zu Curow, ist aber seit 1712 zu Gerbin in der Schlaweschen Synodeeingepfarret. Zetthun ist ein altes Glasenappsches Lehn, welches Joachim von  G l a s e n a p p  von seinem Vater Joachim erbte und es seinem einzigen Sohne Friedrich Ewald von Glasenapp hinterließ.

1833 wurde das Lehnsrecht für das Gut aufgehoben. Es wurde verkauft und wechselte dann mehrfach seinen Besitzer.
Um 1860 existierten in Zetthun einschließlich des Gutshauses insgesamt 27 Wohngebäude, zwei Schulhäuser und 24 Wirtschaftsgebäude. Die Ortschaft hatte insgesamt 271 E9inwo0hner in 51 Haushaltungen.


1862 wurde das damals 4689 Morgen Land umfassende Gut an Rosalie Beate  P a g e l  geb. Priem, eine Kaufmannsfrau aus Stettin verkauft. Im selben Jahr begann die Schulchronik von Zetthun, die bis zum Jahr 1925 erhalten geblieben ist. 1870 wird im Güteradreßbuch Frau Pagel als Besitzerin genannt. Größe des Gutes damals 4377 Morgen. Post und Bahnstation war Pollnow

1879 ist Dr.  M e l l i n g e r  als Besitzer des Gutes mit Dampfbrennerei genannt

 

1905 wird  im Pommerschen Güteradreßbuch  als Besitzer des 1131 ha großen Gutes Zetthun ein Edmund  A l y aufgeführt.

 



Zetthun im Jahre 1909 – Historische Ansichtskarte



1914 hat das Rittergut Zetthun eine Größe von 1.252 ha. Davon 700 ha Acker, 16 ha Wiesen, 536 ha Holzungen. 62 Pferde, 160 Rinder bzw. Kühe, 207 Schweine. Dampfbrennerei, Rindermast, Lastauto. Kirchspiel Pollnow, Standesamt und Amtsbezirk Gerfin,  Besitzer: Hugo  R u s t e m e y e r , Leutnant der Reserve.

 

Im Jahre 1915, mitten im 1. Weltkrieg, kaufte der Berliner Industrielle von Siemens Gut und Schloß in Zetthun für seine Tochter Mathilda  geb. v. S i e m e n s und ihren Ehemann Oskar  C a m i n e c c i. Der Italiener Caminecci und die Siemens-Tochter hatten sich in Berlin bei einem Reitturnier kennengelernt und dann später geheiratet. Das Ehepaar Caminecci war Besitzer des Gutes bis 1945.

1939 umfassste das Rittergut Zetthun 1.556 ha, davon 470 ha Acker, 16 ha Wiesen, 20 ha Weiden, 974 ha Holzungen, 56 ha Unland und 20 ha Wasser. Viehbestand war: 78 Pferde, 141 Rinder (davon 60 Kühe), 176 Schweine. Im Besitz waren auch das Vorwerk Rewaldshausen und die Försterei Lubow.
Rewaldshausen: 157 ha, davon 28 ha Acker, 7 ha Wiesen, 18 ha Weiden, 88 ha Holzungen, 4 ha Unland, 18 ha Wasser. Verwalter: Gustav Braunschweig.
Försterei Lubow: 1.059 ha, davon 54 ha Acker, 55 ha Wiesen, 1 ha Weiden, 846 ha Holzungen, 67 ha Unland, 18 ha Wasser.. Verwalter: Friedrich Krüger.

 

 

Die Familie Caminecci aus Palermo

Die Familie stammt ursprünglich aus Polen, war dort im 14. Jahrhundert ansässig. Die Vorfahren waren Feldherren und sind später mit einer polnischen Königin, die damals nach Sizilien ins Exil ging, mit ausgewandert[1]. Im 20. Jahrhundert wanderte der Bankier Andrea Caminecci, Vater von Oswald, von Palermo ins Rheinland aus.. Er heiratete 1882 die Tochter des Landrats Danzier.und baute das Schloß Windeck aus, wo die Familie lebte. Aus der Ehe gingen 5 Söhne hervor.

1. Pier Lorenzo (1883-1901)

2. Oscar (1885-1945)

3. Waldemar (1887-1946). Er hatte einen Sohn: Manfred (*1927)

4. Andrea (1889-1958)

5. Quintino (1882-1914), gefallen in Frankreich

 

Vater Andrea verstarb 1940.

 

Familie Oscar Caminecci auf Zetthun

 

Der Jäger, Jagdschriftsteller und erfolgreiche Springreiter  O s c a r   C a m i n e c c i  wurde am 17. April 1885 in Palermo auf Sizilien geboren.

Das Gut Zetthun kaufte er, um hier Pferde zu züchten und weil hier ein gutes Jagdrevier für Hirsche war. Oscar war ein passionierter Jäger und auch ein Turnierreiter. Das Schloß in Zetthun stand bereits und wurde seit dem Kauf 1915 ausgebaut. Er lebte seit 1918  auf Zetthun und widmete sich der Vollblutzucht von Pferden.
Im Jahre 1923 zog sich  O s c a r   C a m i n e c c i  vom aktiven Turniersport zurück. Um die Einführung des italienischen Springstils in Deutschland hat Oscar C. sich hochverdient gemacht und bahnbrechend gewirkt. Durch seinen Bekanntheitsgrad als internationaler, erfolgreicher Springreiter hatte er bei einer Einladung von  W i l h e l m  v o n   S i e m e n s, (1855-1919), Sohn des Gründers der Siemenswerke Werner v. Siemens, dessen bildschöne Tochter  M a t h i l d a  kennen und lieben gelernt und heiratete sie im Jahre 1914. Durch diese Heirat war er in der Lage, sich einen Lebenstraum für seine Pferdepassion und auch für seine jagdlichen Passionen zu erfüllen, in dem er das Gut Zetthun in Ostpommern kaufte und bis zu seinem Tode auf 23.000 Morgen durch weitere Zukäufe vergrößerte.[2]

 

Oscar C. war als passionierter Jäger auch Jagdschriftsteller. 1932 erschien sein Buch: „Diana, Hubertus und ich“ im Parey-Verlag. Oscar C. bewirtschaftete in Zetthun eines der besten Roldwildreviere in Deutschland.

Eine Intrige brachte ihn ins KZ Mauthausen. Dort verstarb er am 9. März 1945.

 

Quellen:

 

  1. Ludwig Wilhelm Brüggemann: Ausführliche Beschreibung des gegenwärtigen Zustandes des Königl. Preußischen Herzogtums Vor- und Hinterpommern, Teil 2, Band 2. S. 611
  2. Heinrich Berghaus: Landbuch des Herzogtums Pommern und des Fürstentums Rügen, Teil III, Band 1, Anklam 1867, S. 473-475
  3. General-Adreßbuch der Ritterguts- und Gutsbesitzer im Norddeutschen Bunde. Kreis Fürstenthum.
  4. Güteradreßbuch für die Provinz Pommern, 4. Auflage, Leipzig 1914, Reichenbachsche Verlagsbuchhandlung.
  5. Landwirtschaftliches Adreßbuch der Provinz Pommern (=Niekamers Landwirtschaftliche Güter-Adressbücher), Band I, Leipzig, 1939
  6. Diana, Hubertus und ich in: Wild und Hund 21, 2009, Seite 22-26
  7. Klaehn; Paul: Ortschronik der Ortschaft Zetthun Kr. Köslin. Manuskript maschinengeschrieben, Eldagsen, 1977, 27 Seiten (I.Teil). 6 Skizzen (Zetthun, Gesamtfläche und Lage um 1800; Zetthun, Dorf um 1800; Zetthun, Gesamtfläche von 1865-1914; Zetthun Dorf von 1865-1914; Zetthun, Gesamtfläche 1940, Zetthung, Dorf 1940) 8 Fotos.
    II. Teil: vollständige Abschrift der Schulchronik der Zetthuner Schule von 1880 bis 1924, die im Origiinal (handgeschrieben) in den Westen gerettet werden konnte.. Mit Anhang von Lehrer Krause über die Zeit von 1924 bis 1945 (3 Seiten). Schülerverzeichnis (10 Seiten).

 


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Erstellt von Jürgen Lux. Letzte Aktualisierung 12.08.2020
 



[1]  Mitteilung von Alessandro Caminecci, Sohn des Manfredo C. vom 18.2.2015.

[2] Quelle: http://drahthaarvizsla.eu/Caminneci/Reiter/Reiter.html Stand: 13.9.2020